Gemäß
der Statistik des Bundesgerichtes wird eine
Vielzahl der Verbraucherdarlehensverträge wegen ihrer missverständlichen Vertragsgestaltung
von Verbrauchern und Verbraucherzentralen
„angegriffen“, meist mit Erfolg. Dazu einige Leitsätze des Bundesgerichtes.
1.
Eine Klausel im Verbraucherdarlehensvertrag, die einen
Verbraucher zum Abschluss einer Lebensversicherung zu Gunsten der Bank
verpflichtet, ist nur dann wirksam, wenn der Verbraucher die Versicherung
freiwillig abschließt. Das Bundesgericht geht in diesem Leitsatz systematisch
mit folgender Begründung vor:
- Natürlichen und juristischen Personen liegt der Abschluss eines Vertrages frei (Grundsatz der Vertragsfreiheit, Art. 421 des russischen Zivilgesetzbuches (ZGB).
- Die Erfüllung eines Vertrages kann u.a. vertraglich abgesichert werden, Art. 329 ZGB.
- Eine gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer Lebensversicherung ist verboten, Art. 935 Abs. 2 ZGB.
- Nach Art. 16 Satz 2 des russischen Verbraucherschutzgesetzes darf der Unternehmer dem Verbraucher bei Erbringung einer Leistung keine Verpflichtung zur Erbringung einer anderen Leistung auferlegen. Diese gesetzliche Beschränkung der Vertragsfreiheit schützt die schwächere Partei – hier den Verbraucher (Darlehensnehmer) - und ist somit unabdingbar.
Demnach sind die Parteien beim Abschluss eines Vertrages nach dem
Grundsatz der Vertragsautonomie frei. Der Abschluss einer Lebensversicherung
vom Darlehensnehmer zu Gunsten des Darlehensgebers für die gesamte Vertragslaufzeit ist somit grundsätzlich
zulässig.
Diese
Verpflichtung ist jedoch nur dann wirksam, wenn der Verbraucher eine andere
Alternative zur Auswahl hat, z.B. ein Darlehen mit anderem Zinssatz. Allerdings hat das Bundesgericht betont, dass zwischen der Höhe des
Zinssatzes mit einer Lebensversicherung und der Höhe des Zinssatzes ohne Lebensversicherung kein auffälliges (im
russischen Recht wird das „diskriminierendes“ genannt) Missverhältnis bestehen
soll.
Hinweis: Was unter dem „diskriminierenden Missverhältnis“ zu verstehen ist, wurde
vom Bundesgericht nicht näher erörtert. Es wurde nur erwähnt, dass die Differenz
zwischen den zur Auswahl stehenden Zinssätzen „vernünftig“ sein sollte.
2. Ein
Darlehensvertrag ist zum Teil nichtig, wenn
die Bank eine Versicherung für den Verbraucher zum Schutz des Darlehens selbst
abschließt. Allerdings ist die Bank berechtigt, eine solche Versicherung im Namen des Darlehensnehmers und
mit seiner Einwilligung abzuschließen.
Das
Bundesgericht weist darauf hin, dass der Abschluss der Versicherung nicht vom
Abschluss des Darlehensvertrages abhängen soll und der Verbraucher seinen Willen zum Abschluss der
Versicherung ganz deutlich zu erkennen geben muss, z.B. durch eigenhändige Angaben
im Vertrag wie „einverstanden“.
3. Die Forderung der Bank, eine Lebensversicherung bei einem bestimmten Versicherer
abzuschließen, verstößt gegen die Vertragsautonomie und ist
somit rechtswidrig.
4. Ein
außerordentlicher und nicht gesetzlich geregelter Kündigungsgrund der Bank
wegen eines beabsichtigten
Wohnsitzwechsels oder wegen des Verlustes der regelmäßigen Einnahmen des
Verbrauchers ist in einem vorformulierten Darlehensvertrag nichtig, weil der
Verbraucher keine Möglichkeit zur Veränderung des Vertragsinhaltes hatte.
5.
Eine Gerichtsstandvereinbarung ist im Verbraucherdarlehensvertrag grundsätzlich
wirksam und für das Gericht bindend. Diese Vereinbarung im vorformulierten
Vertrag kann jedoch vom Verbraucher angefochten werden, weil sie ihn
unangemessen benachteiligt. Somit ist diese Vertragsklausel nur auf Rüge des
Verbrauchers und nicht vom Amts wegen zu überprüfen.
6.
Hypothek und Bürgschaft sind voneinander unabhängige Sicherungsmittel eines
Darlehens und die Nichtigkeit des Einen
führt nicht automatisch zur Nichtigkeit des Anderen,
sofern im Vertrag nichts anders geregelt ist.
Grund
für diese Problematik ist Art. 367 Abs. ZGB. Danach endet die Bürgschaft u.a.
dann, wenn für den Bürgen ohne dessen Einverständnis Umstände
eintreten, die zu unerwünschten
Risiken der Bürgschaftsschuld führen.
Das
Bundesgericht ist der Auffassung, dass die Erfüllung eines Schuldverhältnisses
nach Art. 329 Abs. 1 ZGB gleichzeitig mit mehreren Mittel gesichert werden kann
und diese Sicherungsmittel voneinander unabhängig sind. Somit wird dem Bürgen
durch die Nichtigkeit der Hypothek keine zusätzliche Belastung auferlegt,
sofern im Vertrag nichts anders geregelt ist.
7. Bei einer Änderung der
Hauptverbindlichkeit ohne Einverständnis des Bürgen endet die Bürgschaft
automatisch ab dem Zeitpunkt dieser Änderung. Unter Änderung ist jede neue
Belastung des Bürgen und auch Änderung des Zinssatzes zu verstehen. Ein
generelles Einverständnis im Bürgschaftsvertrag ist grundsätzlich zulässig.
Das
Bundesgericht vertrat die Auffassung, dass das Einverständnis des Bürgen im
Vertrag unmissverständlich geregelt sein muss. An das Einverständnis des Bürgen sind nach Auffassung des
Bundesgerichtes strenge Anforderungen zu stellen. Es muss unmissverständlich formuliert sein, so dass jegliche
zweideutige Auslegung ausgeschlossen ist.
8. Tod
eines Bürgen beendet die Bürgschaft grundsätzlich nicht.
Eine
Bürgschaftsschuld des Erblassers geht auf die Erben über, wenn dies im
Bürgschaftsvertrag geregelt ist. Die Bürgschaftsschuld gehört somit zu den Nachlassverbindlichkeiten.
Praxishinweis zum Schluss:
Im Falle der Bürge eines Deutschen in einem Vertrag nach
russischem Recht (nicht nur im Verbraucherdarlehensvertrag!) ist unbedingt ein
der wichtigsten Grundsätzen im internationalen Privatrecht sog. ordre public,
also offensichtliche Unvereinbarkeit mit wesentlichen deutschen
Rechtsgrundsätzen zu beachten. Es könnte sich ein Hindernis für Anerkennung
eines ausländischen - hier russischen - Urteiles in Deutschland zur Folge
haben. Z.B. Verurteilung eines Bürgen, wenn dieser durch das Zahlungsgebot in
seiner Handlungsfreiheit in verfassungswidriger Weise eingeschränkt wird, er
also zum wehrlosen Opfer der Fremdbestimmung gemacht wurde und auf Jahre hinaus
auf das wirtschaftliche Existenzminimum der Pfändungsfreigrenzen verwiesen wird
(BGH IPRax 99, 371; Thomas/Putzo ZPO 34. Aufl. 2013)
Aleksej Dorochov
Russischer Advokat, Rechtsanwaltskanzlei in
Neu-Ulm/Deutschland
P.S:
Einen Mitarbeiter nach Russland
entsenden! Es ist eine große Herausforderung, einen solchen Mitarbeiter finden,
der wenigstens Grundkenntnisse in Russisch hat, der sich mit Behörden auskennt,
der sich mit Russen zu Recht kommt; diesen Mitarbeiten anstellen, Visums - ,
Aufenthalts und Versicherungsfragen klären,
Arbeitserlaubnis in Russland beantragen ………………………….. !!!
Als
russischer Advokat übernehme ich die Aufträge von deutschen Unternehmen für die
Vertretung ihren Interessen in Russland.
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