Falsche Klagezustellung – Keine Anerkennung eines
ausländischen Urteiles in Russland
Entscheidung des Bundeswirtschaftsgerichtes Russlands vom 28.01.2014 А40-88300/2011
In dem der Entscheidung zugrunde
liegenden Fall hat eine irische Firma, eine Ltd, eine russische Firma, eine AG,
wegen einer Geldforderung vor einem zuständigen Gericht in England verklagt.
Die Klägerin hat die Klage auf eigenen Wunsch der Beklagten selbst per Post in
Russland zugestellt. Die Beklagte hat sich jedoch auf die Klage nicht
eingelassen und wurde zu einer Geldzahlung von mehr als 2 Millionen Euro,
verurteilt.
Die Klägerin hat vor dem zuständigen
Gericht in Russland die Anerkennung und Vollstreckung des ausländischen
Urteiles beantragt. Der Antrag wurde auf Rüge der Antragsgegnerin (ehemalige
Beklagte) abgelehnt aus dem Grund, dass die Klage nicht ordnungsgemäß
zugestellt wurde.
Die Beschwerde der Antragstellerin
bei der Revisionsinstanz (dies ist die erste Beschwerdeinstanz für eine
Anerkennung von ausländischen Urteilen) hatte Erfolg. Das Gericht hat die
Entscheidung aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung an das Gericht der
ersten Instanz zurückverwiesen. Das Gericht der ersten Instanz hat diesmal
zugunsten der Antragstellerin entschieden und somit das ausländische Urteil
anerkannt. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hatte keinen Erfolg.
Das Bundesgericht hat im
Aufsichtsverfahren zugunsten der Antragsgegnerin entschieden und den Antrag auf
die Anerkennung und Vollstreckung des ausländischen Urteiles endgültig
abgelehnt.
Die erste Instanz hatte die
Auffassung, dass die Zustellung der Klage nicht ordnungsgemäß erfolgte. Deshalb
steht das Urteil im Widerspruch zur russischen Rechtsordnung (ordre public) und kann nicht anerkannt werden.
Begründet hat das Gericht damit, dass die Klageschrift nach dem Übereinkommen
über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im
Ausland in Zivil – oder Handelssachen vom 15.11.1965 in Russland über das
Justizministerium zuzustellen ist. Die bestrittene aber bewiesene Zustellung
per Post reicht somit nicht aus.
Die Revisionsinstanz hatte
allerdings entschieden, dass die Zustellung per Post, also die tatsächliche
Kenntnisnahme der zugestellten Klage ausreicht. Das Gericht hatte keine Grenzen
zwischen der tatsächlichen Zustellung und der offiziellen Zustellung gezogen.
Die Beklagte hatte die Klage zur Kenntnis genommen und davon war das
Revisionsgericht überzeugt. Die Regeln des Übereinkommens hatte es als bloße
Formalität angesehen.
Das Bundeswirtschaftsgericht Russlands hat
die Auffassung der Revision zurückgewiesen und ausgeführt, dass Russland als
Mitgliedstaat des Übereinkommens an seine Regelungen gebunden ist. Die
Zustellung per Post ist zwar nach Art. 10 des Übereinkommens möglich (sog.
vereinfachte Zustellung). Jedoch ist diese Regelung nicht anwendbar, da
Russland dagegen „Widerspruch“ erhoben hat.
Dieser lautet: Zustellung
von Schriftstücken durch die in
Artikel 10 der Konvention aufgeführten
Verfahren in der Russischen Föderation nicht zugelassen.
Dieser Vorbehalt wurde
von der Antragstellerin nicht beachtet. Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass
die vereinfachte Zustellung keine Anwendung findet, könne nicht als bloße Formalität
oder absurd betrachtet werden.
Aleksej Dorochov
Russischer Advokat
Kanzlei in Neu-Ulm/Deutschland
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